Das Ende der Raunächte kammermusikalisch eingeläutet

Mit dem Frielinghaus Ensemble kamen alte Bekannte in den Heikendorfer Ratssaal

Frielinghaus Ensemble
Das Frielinghaus Ensemble begeisterte einmal mehr bei den Heikendorfer Rathauskonzerten.

HEIKENDORF (hh). Am Freitag stand die Elbphilharmonie zu Hamburg auf dem Tourplan und am Sonnabend der Ratssaal in dem Ostseebad an der Kieler Förde: Einmal mehr ist es dem Freundes- und Förderverein der Heikendorfer Rathauskonzerte gelungen, das renommierte Frielinghaus Ensemble für ein fantastisches Kammermusik-Ereignis zu gewinnen. Zur Aufführung gelangten Klavierquartette von Ludwig van Beethoven und Johannes Brahms sowie das Horntrio des hanseatischen Komponisten.

Voller Emphase und mit intensivem Augenkontakt auf die wilde Jagd durch den Wald

Die letzte der zwölf Raunächte begann sanft als das mit international ausgezeichneten Kammermusikern, Solisten und Orchesterinstrumentalisten besetzte Frielinghaus Ensemble das Adagio assai aus dem Quartett Es-Dur für Klavier, Violine, Viola und Violoncello, WoO 36/1 anstimmte, das Beethoven unter Anleihen bei Mozart bereits als 15-jähriger komponiert und selbst als „Schülerwerk" betrachtet hat. Davor hatte Michael Dietz, stellvertretender Vorsitzender des Freundes- und Förderverein der Heikendorfer Rathauskonzerte, freudestrahlend verkündet, dass der vor 36 Jahren angeschaffte Gotrian-Steinweg-Konzertflügel im neuen Jahr grundlegend überholt werden kann, da der Spendenauftruf „auf fruchtbaren Boden gefallen, die dafür nötige Summe fast zusammen ist" und die Gemeinde den Rest der rund 12 000 Euro übernehmen wird.

Frielinghaus Ensemble
Begaben sich auf eine wilde Jagd: Konzertmeisters Gustav Frielinghaus, der Pianist Jaan Ots und der Hornist Johannes Borck.

Verträumt romantisch, bittersüß und dunkelhell korespondierten das beherzte Geigenspiel des aus Hamburg stammenden Konzertmeisters Gustav Frielinghaus und die frischen Hornklänge des 1985 in Weimar geborenen Johannes Borck beim Trio Es-Dur für Horn, Violine und Klavier, op. 40 von Johannes Brahms. Zusammen mit dem selbstbewusst spielenden estnischen Pianisten Jaan Ots holten die Musiker ein Stück Natur in den Rathaussaal. Voller Emphase und mit intensivem Augenkontakt stürzten sie sich in die wilde Jagd durch den Wald, um die Zuhörer in weite und lichte Landschaften zu führen und nach dem Finale heiter und pathetisch in die Pause zu Sekt und Orangensaft zu schicken.

Frielinghaus Ensemble
Fast bis auf den letzten Platz gefüllt: der Heikendorfer Ratssaal.

Durchaus als gutes Omen für 2018 lässt sich die feurig-liebliche Intonation von Brahms Quartett g-Moll für Violine, Viola, Violoncello und Klavier, op. 25 werten, als das um Alejandro Regueira Caumel (Viola) und Oliver Léonard (Violoncello) verstärkte Frielinghaus Ensemble einen Hauch von Balkan nach Heikendorf brachte. Das zunehmend begeisterte Publikum sollte sich an den bis zum rasanten Rondo alla Zingarese steigernden heißblütigen Melodien und der vitalen Rhythmik wärmen, bevor es sich nach minutenlangen Applaus, lautstarken Bravorufen und einer Zugabe beschwingt auf den Nachhauseweg durch die erste Frostnacht des Jahres begab.

 

(Gedruckt in den Kieler Nachrichten/Ostholsteiner Zeitung, S. 17, am 8.1.2018)